Interview mit Wüest Partner AG zum Thema Wertentwicklung und Bewertung von Immobilien in der Schweiz
Andreas Ammann, Partner
Architekt ETH, bei Wüest Partner seit 1999.
Bei der FINMA akkreditierter Schätzungsexperte, Dozent für Immobilienbewertung. Über 20 Jahre Erfahrung in der Immobilienbewertung, insbesondere für institutionelle Investoren und die Finanzindustrie.
Die Wertentwicklung von Immobilien in der Schweiz gibt viel zu reden, ganz besonders angesichts der jüngst stark gestiegenen Zinsen. Dies erstaunt nicht, denn Immobilien sind sowohl im privaten Bereich, wie auch für Unternehmungen und Investoren bedeutende Anlagen. In den letzten 20 Jahren sind die Immobilienpreise in der Schweiz stark gestiegen; so haben sich die Preise für Wohneigentum in gewissen Regionen mehr als verdoppelt. Neben den Preisen waren Immobilien auch wegen der umfangreichen Bautätigkeit im Zusammenhang mit dem Bevölkerungswachstum im Fokus. Im Interview mit Andreas Ammann und Marco Caduff von Wüest Partner AG beleuchten wir die Preisentwicklung und deren Einflussfaktoren und wagen einen Blick in die Zukunft.
Andreas Ammann: Nach Jahren mit deutlichen Preiserhöhungen, auch noch während der Corona-Pandemie, haben sich einerseits die Lieferengpässe und die steigenden Baukosten, sowie andererseits die steigenden Zinsen bremsend auf die Preisentwicklung von Immobilien ausgewirkt. Es besteht aber dennoch in vielen Segmenten ein Nachfrageüberhang. In den aktuell beobachteten Transaktionen von Liegenschaften werden im Vergleich zum Vorjahr wieder vermehrt höhere Nettoanfangsrenditen beobachtet, was tendenziell tiefere Preise bedeutet. Die allgemein steigenden Mieten haben wiederum einen positiven Effekt auf die Marktwerte.
Marco Caduff: Während die bisherigen Preissteigerungen in unterschiedlichem Ausmass in fast allen Segmenten zu verzeichnen waren, differenziert sich der Markt nun stärker. Preissteigerungen sind vor allem bei den Mietwohnungen zu erwarten, dort bleibt die Nachfrage hoch, während die Neubautätigkeit etwas zurück geht. Bei Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen ist die Nachfrage grundsätzlich ebenfalls noch hoch und vor allem bei den Einfamilienhäusern das Angebot knapp; die spürbar höheren Finanzierungskosten dämpfen hier aber die Preisentwicklung. Im Bereich der Renditeliegenschaften führen die höheren Zinsen ebenfalls zu spürbarer Zurückhaltung der Investoren.
Können Sie kurz erklären, wie Wüest Partner Immobilien bewertet?
Andreas Ammann: Das Ziel der Immobilienbewertung ist, den auf dem aktuellen Immobilienmarkt realistisch erzielbaren Preis abzuschätzen. Dafür ist es wichtig, den Immobilienmarkt gut zu kennen und sich auf eine fundierte Basis an Vergleichsdaten abstützen zu können. Methodisch ist das Vorgehen je nach Liegenschaftstyp unterschiedlich; so werden z.B. Einfamilienhäuser anders bewertet als vermietete Büroliegenschaften.
Andreas Ammann: Die DCF-Methode eignet sich für vermietete Liegenschaften, sog. Renditeobjekte. In der Bewertung werden die zukünftig erwarteten Mieterträge sowie die Kosten für Betrieb, Unterhalt und Instandsetzung prognostiziert – ähnlich wie in einem Businessplan für eine Unternehmung. Mittels dem Diskontierungsfaktor wird aus den erwarteten Cashflows der «Ertragswert» berechnet, d.h. der heutige Gegenwert der zukünftigen Zahlungen («net present value»); je höher der Zinssatz (Diskontierungssatz) gewählt wird, umso tiefer resultiert der Wert. Damit hat der Diskontierungssatz wesentlichen Einfluss auf das Bewertungsergebnis.
Marco Caduff: Wichtig ist, dass der Diskontierungssatz marktgerecht angesetzt wird. Relevant dafür ist der Immobilienmarkt; dieser steht mit anderen Märkten und der generellen Zinsentwicklung in einer Wechselwirkung, lässt sich aber nicht direkt und abschliessend damit gleichsetzen. Es ist daher wichtig, die aktuellen Renditeniveaus auf dem Immobilienmarkt direkt beobachten zu können; Wüest Partner führt daher eine Datenbank mit aktuellen Transaktionspreisen und Renditen.
Marco Caduff: Wie erwähnt hat das generelle Zinsniveau Auswirkungen auf den Immobilienmarkt. Die Finanzierung wird teurer, andere Anlagen werden wieder attraktiver. Höhere Zinsen führen damit in der Tendenz zu fallenden Immobilienpreisen. In welchem Umfang die Immobilienpreise tatsächlich reagieren, hängt aber noch von weiteren Faktoren ab, z.B. von der Entwicklung der Mieterträge und dem Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage. Da die Mieten z.Z. steigen, kompensieren sie teilweise den Effekt der höheren Zinsen.
Marco Caduff: Die höheren Zinsen führen in den Modellen zur Herleitung des Diskontierungssatzes zu einer Erhöhung des Basisrisikos; man spricht diesbezüglich auch vom «risikolosen Zinssatz».
Andreas Ammann: Kurzfristig steigen durch die Inflation aktuell die Kosten aber schneller als die Erträge erhöht werden können, was sich negativ auf die Bewertung auswirken kann. Allerdings ist die Teuerung in der Schweiz immer noch relativ tief, so dass der Einfluss auf die Bewertung meist nicht substanziell ist. In gewissen Fällen können aber insbesonders höhere Baukosten negative Auswirkungen auf den Immobilienwert haben.
Marco Caduff: Auch bezüglich des Diskontierungssatzes ist die Inflation von Bedeutung; interessant ist hier, dass die realen Zinsen aktuell nicht höher, sondern eher nochmals tiefer sind – d.h. die Inflation ist höher als der Anstieg der nominalen Zinsen, was rechnerisch zu tieferen Realzinsen führt. Erfahrungsgemäss korreliert der Immobilienmarkt stärker mit den realen als den nominalen Zinsen.
Andreas Ammann: Die bezahlten Transaktionspreise sind der wichtigste Vergleichswert zur Bestimmung der Diskontierungssätze.
«Im ökonomischen Sinne von Angebot und Nachfrage wäre eine höhere Wohnbautätigkeit die wirksamste Massnahme gegen Wohnungsnot. Dies steht aber in einem gewissen Konflikt bezüglich Schonung von Ressourcen und Umwelt»
Andreas Ammann und Marco Caduff
Wüest Partner AG
Marco Caduff: Die hohe Nachfrage nach Mietwohnungen und das beschränkte Angebot führen zu steigenden Marktmietpreisen. Während vor einigen Jahren noch steigende Leerstände zu beobachten waren, so ist der Mietwohnungsmarkt heute in einigen Regionen ausgetrocknet, was zu Preissteigerungen führt. Hinzu kommt, dass aufgrund des steigenden Referenzzinssatzes auch die Mieten in bestehenden Mietverhältnissen steigen werden. Viele Mieter:innen haben in den vergangenen Jahren aber auch von den tiefen Zinsen und entsprechenden Mietreduktionen profitiert.
In der folgenden Grafik ist die Entwicklung der Angebotsmieten für Mietwohnungen nach Regionen ersichtlich. Es werden im Jahr 2023 durchgängig höhere Angebotsmieten erwartet.
In der nachfolgenden Grafik sind die jährlichen Veränderungen der Mietwohnungs-Angebotsmieten für die Jahre 2013 bis 2022 dargestellt. Für 2023 wird eine Steigerung der Angebotsmieten schweizweit von +3.2% prognostiziert.
Andreas Ammann: Eine Bewertung muss grundsätzlich die Marktverhältnisse abbilden. In diesem Sinne berücksichtigt die Bewertung «bezahlbaren Wohnraum» so, wie er im Markt präsent ist. Es gibt schon länger verschiedene Modelle und Initiativen zu bezahlbarem Wohnraum; teils sind es gesetzliche Verpflichtungen, teils private Modelle wie die Wohnbaugenossenschaften. In der Westschweiz und neuerdings auch in Basel-Stadt gibt es z.B. Vorschriften zur Begrenzung von Mietaufschlägen nach Renovationen, welche in der Bewertung berücksichtigt werden müssen.
Andreas Ammann: Sie erfüllen die heutigen und zukünftig zu erwartenden Anforderungen an Immobilien besser und sind damit im Vorteil. Zudem kommt die Energieeffizienz nicht nur der Umwelt, sondern auch den Mietern zugute, in Form von tieferen Nebenkosten.
Marco Caduff: Die Impact Immobilien AG verfolgt eine eigene Strategie mit der Fokussierung auf Liegenschaften, welche dem betreuten Wohnen und Arbeiten dienen. Die entsprechenden Mieter:innen und letztlich Nutzer:innen haben spezielle Bedürfnisse und Anforderungen, auch an die Immobilie. Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung in diesem besonderen Segment kann die Impact Immobilien AG massgeschneiderte und flexible Lösungen anbieten und sich in diesem Segment damit vorteilhaft positionieren.
Andreas Ammann: Die Impact Immobilien AG kennt einerseits die spezifischen Nutzeranforderungen und andererseits auch die immobilienwirtschaftliche Seite und kann diese beiden Dimensionen zusammenführen. Sie achtet darauf, dass die Nutzer:innen eine passende Lösung zu tragbaren Kosten erhalten und die Rechnung auch für den Vermieter:in aufgeht (design to cost). Einen weiteren Vorteil sehen wir bei der Impact Immobilien AG in den Generalmietverträgen, die teilweise sehr langfristig (10 bis 20 Jahre) dauern.
Marco Caduff: Die Abhängigkeit von einzelnen spezifischen Nutzern kann aus Immobiliensicht ein Risiko sein. Generell ist es wichtig, dass Erträge und Kosten nicht aus dem Gleichgewicht geraten.
Andreas Ammann: Kurzfristig erhält die Preisentwicklung einen Dämpfer, auch Preisrückgänge sind nach vielen Jahren des Preisanstiegs wieder möglich. Langfristig hängt die Entwicklung der Immobilienpreise auch von der wirtschaftlichen Entwicklung der Schweiz, der Entwicklung der Zuwanderung, der Bautätigkeit etc. ab. Auch politische Entscheidungen können Auswirkungen auf diese Entwicklungen haben. Bei einer generell positiven wirtschaftlichen Entwicklung werden auch die Immobilienpreise weiter steigen, da das Angebot nur langsam erweitert werden kann.
Andreas Ammann: Im ökonomischen Sinne von Angebot und Nachfrage wäre eine höhere Wohnbautätigkeit am wirksamsten. Dies steht aber in einem gewissen Konflikt bezüglich Schonung von Ressourcen und Umwelt.
Gut zu wissen – Wüest Partner AG
Wüest Partner ist ein unabhängiges und inhabergeführtes Beratungsunternehmen. Seit 1985 schaffen sie als neutrale Experten erstklassige Entscheidungsgrundlagen für professionelle Immobilienakteure. Mit einem breiten Leistungsangebot - bestehend aus Beratung, Bewertung, Daten, Applikationen, Publikationen und Bildung - begleiten sie ihre Kundinnen und Kunden im In- und Ausland. Das Wissen von Wüest Partner schafft Transparenz und ebnet neue Wege für die Weiterentwicklung der Immobilienwirtschaft.
Mit einem rund 400-köpfigen, interdisziplinären Beraterteam verfügt das Unternehmen über eine hohe Kompetenz und langjährige Erfahrung. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stammen aus den Disziplinen Ökonomie, Architektur, Informatik, Ingenieurwesen sowie Sozial- und Naturwissenschaften. Die in der Schweiz, Deutschland und Frankreich stationierten Beraterteams werden von einem internationalen Netzwerk von Partnerfirmen und regional gut verankerten Fachpersonen ergänzt.
Von Impact Immobilien am 17. Juli 2023
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